Innergemeinschaftliche Lieferung an Privatperson: Umsatzsteuer
Ihre Kunden als Versandhändler beliefern Sie auch in anderen Ländern der EU als nur Deutschland? Dann müssen Sie sich mit der Umsatzsteuer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen an Privatpersonen auseinandersetzen. Evtl. müssen Sie diese sogar in den Empfangsländern deklarieren.
Umsatzsteuer auf der Rechnung bei EU-Lieferungen
Auf jeder Rechnung an Privatkunden (B2C-Endkunden) weisen Sie auf den Nettopreis eine Umsatzsteuer aus. Diese müssen Sie dann, ggf. abzgl. gezahlter Vorsteuerbeträge, an das Finanzamt abführen. Bei Lieferungen an deutsche Kunden sind das immer 19% (bzw. für spezielle Artikel 7%).
Liefern Sie in andere EU-Länder hängt es von Ihrem Gesamtumsatz in dieses Land ab, ob Sie weiterhin den deutschen Umsatzsteuersatz mit 19% oder den Umsatzsteuersatz des Landes, in dem Ihr Kunde sitzt, berechnen.
Liegt Ihr Jahresumsatz in ein bestimmtest EU-Land unter € 10.000,- (siehe dazu auch den Abschnitt "Schwellenwerte" unten), so können Sie weiterhin einfach die deutsche Umsatzsteuer mit 19% auf Ihrer Rechnung ausweisen, auch wenn der Kunde im EU-Ausland sitzt.
Überschreiten sie den Schwellwert für ein bestimmtes Land, dann müssen Sie den Umsatzsteuersatz dieses Landes berechnen, in dem Ihr Kunde sitzt. Das sind z.B. für Lieferungen nach Frankreich 20%, nach Schweden 25% oder nach Italien 22%. Auf der Website der EU finden Sie eine aktuelle Übersicht der Umsatzsteuersätze für alle EU-Länder, die Sie dann ggf. auf Ihrer Rechnung ausweisen müssen.
Achtung: weisen Sie Ihren Auslandkunden eine zu niedrige Umsatzsteuer auf den Rechnungen aus, weil Sie z.B. versehentlich die deutschen 19% angeben, aber nicht die eigentlich notwendigen 20, 22 oder 25% des Landes Ihres Kunden, dann müssen Sie ans Finanzamt trotzdem den höheren Steuersatz abführen (sprich: Sie zahlen die Umsatzsteuer eigentlich teilweise selbst aus Ihrem Netto-Umsatz). Daher sollten Sie unbedingt rechtzeite alle Maßnahmen ergreifen, damit Ihre Rechnungen mit den richtigen Steuersätzen des betreffenden Landes ausgestellt werden können.
Umsatzsteuer abführen: in D oder dem Land des Kunden
Die an Endkunden (B2C, Privatkunden) berechnete Umsatzsteuer müssen Sie als Versandhändler an das Finanzamt abführen. Das gilt nicht nur für die Lieferung an deutsche Kunden, sondern auch auch Konsumenten in anderen europäischen Ländern. Wo Sie diese Umsatzsteuer allerdings abführen müssen (an das deutsche Finanzamt oder an das Finanzamt des Landes, in dem Ihr Kunde sitzt) ist allerdings nicht von vornherein festgelegt.
Schwellenwerte Umsatzsteuer EU
Als Versandhändler müssen sie überwachen, wie viel Umsatz Sie je EU-Land machen. Dabei gibt es einen Schwellenwert von € 10.000,- für jedes einzelne Land.
- Sind Ihre Gesamtumsätze eine Jahres in ein bestimmtes EU-Land unter € 10.000,- (netto), dann führen Sie ganz normal die Umsatzsteuer bei Ihrem deutschen Finanzamt ab.
- Haben Sie für ein bestimmtest EU-Land eine Jahresumsatz über € 10.000,- (netto), müssen Sie die Umsatzsteuer an das Finanzamt des betreffenden Landes abführen.
Es ist also zwingend notwendig, als Verandhändler eine immer aktuelle Statistik der Auslandsumsätze zu haben, um die Umsatzsteuer korrekt abzuführen (und den richtigen Steuersatz bei Rechnungen ins EU-Ausland auszuweisen).
Früher was das viel komplizierter: da mussten Sie sich als Versandhändler in jedem betroffenen Land einzeln beim Finanzamt registrieren. Und noch dazu war der Schwellenwert, ab welchem Umsatz da nötig ist, in jedem Land ander (von € 10.000,- bis € 90.000,-). Das ist wesentlich einfacher, seit 2021 der One-Stop-Shop für Versandhändler eingeführt wurde.
In welchem Zeitraum zählt der Schwellenwert?
Wird der Schwellenwert von € 10.000,- (netto) im Laufe eines Kalenderjahres erreicht, muss die Umsatzsteuer für Lieferungen in das betreffende Land nicht rückwirkend abgeführt werden.
Sie müssen aber ab erreichen des Schwellenwertes alle weiteren Lieferungen (wie oben beschrieben) mit dem Umsatzsteuersatz des betreffenden Landes ausstellen und die Umsatzsteuer auch an das Finanzamt in diesem Land abführen und sich (sofern nicht früher schon geschehen) bei diesem Finanzamt registrieren. Das können Sie ggf. am einfachsten über das unten beschriebene OSS-Verfahren tun.
Als Versandhändler müssen Sie also laufend aktuell überwachen, ob Ihre Umsätze in eines oder meherere der EU-Länder den Schwellenwert erreichen.
Für die Folgejahre nach Überschreitung der Umsatzschwelle gilt: Wurde im Vorjahr die Schwelle überschritten, müssen ab dem 1. Januar des neuen Jahres alle Umsätze in das betreffende Land auch mit dessen Steuersätzen berechnet und abgeführt werden.
One-Stop-Shop (OSS) im Versandhandel
Seit dem 1. Juli 2021 können Sie als Versandhändler die Umsatzsteuer für alle EU-Länder zentral an einer Stelle deklarieren und abführen. Es ist nicht mehr notwendig, sich vor Ort in jedem Land, für das Sie die Lieferschwelle überschreiten, einzeln zu registrieren (allerdings können Sie dies optional weiterhin tun, falls Sie das wünschen).
Für das One-Stop-Shop (OSS) Verfahren melden Sie sich als deutsches Unternehmen einmal zentral beim Bundeszentralamt für Steuern hier in Deutschland an. Dann melden Sie zentral dort quartalsweise Ihre Auslandsumsätze bzw. die eingezogene Umsatzsteuer für diejenigen Ländern, für die sie den Schwellenwert von € 10.000,- Jahresumsatz (in das betreffende Land) überschreiten. Diese Informationen werden dann automatisch an die betreffenden Finanzämter der EU-Länder weitergeleitet und Sie müssen nicht mehr direkt dort melden.
Außerdem von Vorteil: Sie müssen die Umsatzsteuer nicht für jedes Land einzeln an dessen Finanzamt überweisen. Vielmehr können Sie alle Steuern der betroffenen Auslandslieferungen in einer Summe zentral überweisen. Die Verteilung an die Finanzämter der einzelnen Länder erfolgt dann automatisch.
So bietet das One-Stop-Shop (OSS) Verfahren eine deutliche Vereinfachung und verursacht wesentlich weniger Bürokratie, als die frühere Regelung.
Anmeldung zum One-Stop-Shop-Verfahren (OSS-Verfahren)
Um sich als Unternehmen für das OSS-Verfahren zu registriern, folgen Sie dem folgenden Link zum Bundeszentralamt für Steuern:
Registrierung zum OSS-Verfahren der EU
Konsequenzen bei Nicht-Einhaltung
Überschreiten Sie für ein Land den Umsatzsteuer-Schwellenwert und "vergessen", sich fristgerecht entweder zum OSS-Verfahren oder direkt beim Finanzamt des betreffendes Landes zu registrieren, hat die klare Konsequenzen.
Unabhängig davon, ob Sie sich registrieren oder nicht entsteht nämlich die jeweilige Steuerschuld an das Land. Das heißt: Sie haben notwendige Steuern nicht abgeführt und für die Verspätung fallen einerseits Nachzahlungen und Zinsen darauf an. Andererseits können auch noch erhebliche Verspätungszuschläge und Bußgelder entstehen. Deren Höhe ist von Land zu Land unterschiedlich. Im schlimmsten Fall folgen sogar rechtliche Konsequenzen, da diese Versäumnisse als Steuerhinterziehung gewertet werden können, was ein strafrechtlicher Tatbestand ist.
Wichtig: ab Überschreiten der Umsatzschwelle fällt der Umsatzsteuersatz des Ziellandes an, also je nach Land z.B. 20, 22 oder auch 25%. Das ist unabhängig davon, welchen Steuersatz Sie auf Ihrer Rechnung ausgewiesen haben. Vergessen Sie also, hier bei Schwellenüberschreitung Ihre Rechnungsstellung umzustellen, haben Sie möglicherweise eine falsche Preiskalkulation und Wettbewerbsnachteile (Sie ziehen z.B. nur 19% vom Kunden ein, müssen aber bis zu 25% abführen).
Außerdem entsteht Ihnen großer zusätzlicher Aufwand, denn Sie müssen ggf. nachträglich umfangreiche Korrekturen in Ihrer Buchhaltung und in Steuererklärungen durchführen, was zu Zeitaufwand und Kosten führen kann.
Besonderheiten und Ausnahmefälle
Beachten Sie, dass es für bestimmte Fälle Sonderregungen gibt.
Retouren / Warenrücksendungen und die Umsatzsteuer
Retouren werden als Rückgängigmachung des ursprünglichen Umsatzes betrachtet, wobei die Umsatzsteuer basierend auf dem Steuersatz der ursprünglichen Lieferung korrigiert wird. Wurde die Lieferung über das OSS-Verfahren gemeldet, muss auch die Korrektur im OSS-Verfahren erfolgen und in der Meldung des Zeitraums erfasst werden, in dem die Retoure erfolgt. Für die steuerliche Behandlung zählt der Zeitpunkt der ursprünglichen Lieferung. Eine sorgfältige Dokumentation ist essenziell, um den korrekten Umgang bei Prüfungen nachweisen zu können. Zusätzlich sind eventuell nationale Vorschriften der beteiligten EU-Länder zu berücksichtigen.
Verbrauchsteuer, z.B. Tabak und Alkohol
Verbrauchssteuern, wie sie z.B. auf Tabak und Alkohol anfallen, können nicht mit den OSS-Verfahrfen behandelt werden. Solche Verbrauchssteuern müssen ggf. separat behandelt werden.
Kunstwerke
Bei Kunstwerken wird oft unterschieden zwischen der Regelbestuerung und einer Differnzbesteuerung (auch Margenbesteuerung genannt). Deshalb kann der Umgang mit der Umsatzsteuer bei Kunstwerken bei innergemeinschaftlichen Lieferungen eventuell von den üblichen Verfahren abweichen und OSS nicht zum Einsatz kommen. Erkundigen Sie sich am besten bei Steuerberatern.
Warenlager in anderen EU-Ländern
Beachten Sie auch die Regelungen, wenn Sie nicht von Deutschland aus versenden, sondern Warenlager in anderen EU-Ländern haben.
B2B-Handel
Verkaufen Sie auch an Unternehmen (B2B-Handel) wird das gesondert gehandhabt. Die oben beschriebenen Regelungen gelten in dieser Form nur für Verkäufe an Privatpersonen (B2C-Handel).